Hexe und Christ/in sein, geht das?
Diese Frage wird immer wieder von AnfängerInnen gestellt. Viele Leute in Mitteleuropa kommen nu mal aus der christlichen Religion, einige aus stärker religiösen Familien, andere einfach aus einer christlichen Tradition, ohne dass die Leute besonders fromm oder glaubenseifrig sind, manche sind nur noch Christen auf dem Papier.
Als Christen lernen die Menschen aber zumeist, dass Gott keine anderen Götter neben sich duldet, und manchmal, dass Magie böse/schlecht/bla sei. Wenn sie sich also - egal aus welchem Grund nun - in die Richtung anderer spiritueller Systeme bewegen und irgendwo 'ne Sehnsucht nach "was Anderem" haben, merken dann viele, dass sie in einen Gewissenskonflikt kommen.
Sie haben einfach Bedenken, den "lieben Gott", der sie durch ihr bisheriges Leben begleitet hat, einfach so abzuservieren. Und es wäre ihnen meist am liebsten, wenn sie zumindest vorerst Hexerei und Christentum unter einen Hut bringen könnten.
Und dann taucht die Frage auf - in Hexenforen. "Kann ich Christ und Hexe sein?"
Liebe Leute - es ist eigentlich nicht unser Job, als Hexen oder Magietreibende euch zu erlauben oder zu verbieten, Christ und Hexe gleichzeitig sein zu wollen. Da fragt ihr einfach die Falschen! Es sind nicht wir, die gesagt haben, "Du sollst keine anderen Götter haben".. das steht in der Bibel und es ist doch für euch Christen so, dass die Bibel Gottes Wort ist. Es wird also dem "lieben Gott" selber zugeschrieben, dass er keinen Bock hat auf eine andere Religion als seine eigene.
Wenn zb Peter (Name nur als Beispiel) euch sagt, "du darfst nicht meine Tasse benutzen", geht ihr dann zu Simone, damit Simone euch sagt, ob ihr Peters Tasse nicht doch benutzen dürft?
Eigentlich müsst ihr diese Frage, ob ihr als ChristInnen nicht über Gottes Gebote hinweggeht, indem ihr Hexen seid, gar nicht uns stellen, sondern ihr solltet diese Frage eurem Gott stellen, oder (im Christentum ist es ja so dass es sog. "Seelsorger" gibt die dafür zuständig sind, Gottes Wille für euch zu interpretieren) eurem Pfarrer. Es ist nämlich der Job eures Pfarrers, euch bei solchen Unklarheiten zu helfen. Dafür wird der extra bezahlt von der Kirche ;-)
Wie dem auch sei, höchstwahrscheinlich wird euch der Pfarrer sagen, dass der Glaube an heidnische Götter eben nicht mit dem 1. Gebot der 10 Gebote vereinbar ist. Und vielleicht wird er euch sagen, dass Magie mit Okkultismus zu tun hat, und dass das der Seele schadet, und gar nicht so gut ist. Nur - genau kann man das nicht vorhersagen. Fragt doch mal den Pfarrer ;-)
Ich denke aber, ihr wisst schon selbst ganz gut, dass er (oder sie, gibt ja auch evangelische Pfarrerinnen) euch wahrscheinlich genau die Antworten geben wird, die ihr gerade NICHT hören wollt. Nämlich, dass es halt nicht geht. Und nun kommt ihr zu uns in die Hexenforen und wollt von uns die Antwort hören, die ihr gern hättet.
Es wird auch sicherlich Leute geben, vorzugsweise ebensolche "HexenchristInnen" wie ihr es werden wollt, die euch versichern, es wäre alles kein Problem. Ich denke auch, man kann als Hexe auch spirituelle Beziehungen zum ollen Jove (Jahwe, Jehova, wie auch immer) pflegen. Aber eben nicht als ChristIn unter christlichen Bedingungen. Denn als ChristIn hast du doch die 10 Gebote zu berücksichtigen - oder nicht? Als Christ/in hast du dich innerhalb deiner christlichen Tradition zu bewegen, oder du bist nicht wirklich ein Christ. Aber das ist ein Problem dass ihr Christen unter euch ausmachen müsst, also wie frei oder wie streng ihr eure Religion begreift. Es kann ja sein, dass irgendwann in der Zukunft das Christentum durch euch, seine Anhänger/innen, umgeformt werden wird. Dass es möglich wird, Christentum und andere Wege besser zu kombinieren. Jetzt scheint es aber im christlichen Mainstream noch nicht so zu sein.
Ich persönlich bin aus der Kirche ausgetreten und habe mich auch vom Christentum verabschiedet. Mit dem christlichen Gott habe ich meinen Frieden gemacht. Aber aus Respekt vor der Religion Anderer, aus Respekt vor meiner Ex-Religion kann ich mich wohl kaum Christ/in nennen, nur weil mir das so passt. Fragt euch doch mal, ob es besonders tolerant der christlichen Religion gegenüber ist, wenn man einfach glaubt was einem passt, und das dann als "Christentum" bezeichnet, und die Auseinandersetzung darüber mit anderen Christen scheut.
Mir ist es eigentlich wurscht, ob ihr Hexe sein und Christ sein unter einen Hut bekommt oder nicht. Aber ich finde es konsequenter, wenn man dabei nicht den Widersprüchen aus dem Weg geht. Ich denke, entweder man sollte den Respekt vor seinen Mitchristen aufbringen und sagen "Okay, ich bin nicht mehr wirklich christlich in eurem Sinne, also werde ich auch austreten" oder man sollte eben voll in die Auseinandersetzung mit seiner christlichen Community gehen, und mit anderen Christen zusammen etwas bewegen, etwas verändern wollen.
In diesem Sinne - ich verweise hiermit alle, die die Frage stellen, ob Hexe sein und Christ/in sein miteinander vereinbar ist, zurück an die christliche Glaubensgemeinschaft. Macht das unter euch aus! Entweder ihr bleibt Teil eures Systems und verändert es von innen oder ihr geht raus und macht das, was ihr wollt, woanders - aber einfach undercover dabei bleiben, aus Bequemlichkeit, und halt tun wie einem beliebt, ist etwas feige und nicht besonders tolerant..
Anmerkung: Selbstverständlich kann es auch heute noch Bedigungen geben, wo äussere Zwänge die Zugehörigkeit zur christlichen Religion erfordern. Ist man zb in einem christlichen Kindergarten angestellt, kann man seine Stelle verlieren, würde man austreten oder gar offen einen anderen Glauben ausleben. Diese Fälle sind hier ausdrücklich nicht gemeint! Wenn ihr unter Druck steht, in der Kirche bleiben zu müssen, werde weder ich, noch irgendjemand anderes der bei Verstand ist, euch gering schätzen oder mir ein Urteil erlauben.
Zuletzt bearbeitet von Distelfliege am 4. Juli 2004
