Es kann sein, dass du auf den Begriff "Craft" stolperst. Craft heisst ja Handwerk - meistens ist das ein Wort was von Wicca-AnhängerInnen verwendet wird. Für mich heisst das aber nicht, dass Hexenhandwerk Wicca ist. Handwerk im Gegensatz zu Glaube oder Spiritualität sind einfach nur Techniken, mit denen die Menschen entweder Magie weben oder in Kontakt zu dem kommen, was ihnen spirituell gesehen etwas gibt, Techniken mit denen man unsichtbare Verbindungen knüpfen kann oder mit denen man mit Geistern, Gottheiten, etc. in Kontakt kommen kann, mit denen man Heilen, sich konzentrieren, Energien spüren und mit ihnen arbeiten kann..
Die Menschheit ist ja im Grunde genommen nicht doof (auch wenn es oft so aussieht). Wenn sich etwas bewährt, dann wird es meistens beibehalten. "Aus Erfahrung gut", wie ein Werbespruch sagt. Deswegen sind die meisten der Techniken und Tricks, die zum Hexenhandwerk gehören, kulturübergreifend verbreitet. Ganz einfach weil vielleicht die Leute unabhängig voneinander mal drauf gekommen sind, dass es funktioniert, und es deswegen beibehalten haben.
Zum Beispiel ist dem Mensch an sich die Fähigkeit eigen, sich in Trance versetzen zu können. Ein veränderter Bewusstseinszustand, indem andere Dinge möglich sind, in dem wir anders wahrnehmen etc. Es gibt eine Masse an Methoden wie man Trancen einleitet und kontrolliert. Ich schätze, solche Methoden sind weltweit verbreitet und auch im westlichen Informationszeitalter nicht ausgestorben: Denken wir mal an Techno-Musik, wo die Leute stundenlang zu monotonen Klängen in der Gegend herumzucken.
Oder die Technik des "Sympathiezaubers". Die besagt eigentlich, dass das, was ich symbolisch tue, auch in der Realität eine Entsprechung hat.
Eigentlich ist also Hexenhandwerk gar nichts, was nur Hexen tun, sondern etwas was viele Menschen zu allen Zeiten getan haben, ganz einfach aus dem Grund weil es funktioniert und weil es für etwas gut ist. Während ich hier sitze und schreibe, zündet der Mensch mit dem ich zusammenlebe gerade drei Kerzen an die bei so 'ner kleinen Buddha-Statue stehen. Ich mag den kleinen Buddha da auf der Kommode. Jedenfalls, so rein handwerklich gesehen, bewirken die Kerzen in Verbindung mit der Buddhastatue ganz klar etwas. Wir sind eigentlich beide ziemlich pragmatische Menschen und brechen nicht in grossartige religiöse Wahnanfälle aus - ich weiss nicht so ganz genau was der kleine Buddha für ihn bedeutet, aber die Athmosphäre im Raum verändert sich schon durch dieses kleine Ritual, was der offiziell vom Hexen weit entfernte Mann da grade zelebriert hat.
Ich gebe mal ein frei herausgepicktes Beispiel von einer Methode, die ich mir sowohl bei Hexen als auch bei Menschen anderer magischer Richtungen gut vorstellen könnte. Entnommen ist das aus einem chaosmagisch angehauchten Buch über schamanische Techniken: "Schamanische Magie im Alltag" von Sujja Su'a'no-ta.
Man stellt an sich selbst eine bestimmte Frage, die ein schwieriges Problem oder eine Entscheidung betrifft. Nun beginnt man ein Selbstgespräch, wobei man versucht. zu einer Lösung oder Entscheidung zu gelangen. Bei dem Selbstgespräch stellt man sich vor, daß sich das Problem in der Mitte der oberen Kopfhälfte befindet. Um das Problem herum stehen die einzelnen Teile der Persönlichkeit, die dazu etwas zu sagen haben. Je heftiger diese Teile miteinander diskutieren, desto mehr geraten sie in Bewegung. Sie beginnen, sich immer schneller um das Problem, den Mittelpunkt zu drehen. Man stellt sich vor, daß aus der rasend schnellen, kreisförmigen Bewegung eine Spirale entsteht, die oben aus dem Kopf herauswirbelt. Danach tritt ein Zustand unglaublicher Ruhe und Klarheit des Geistes ein. In diesem Moment ist man weit für das Wissen der "Anderswelt" geöffnet - man muß diesen Zustand nur aufrechterhalten und abwarten. Das Wissen kommt meist nicht in Bildern, in Visionen, sondern ist ganz plötzlich da. Man beginnt mit einer Schnelligkeit und Deutlichkeit zu denken, die weit über unsere normalen DenkGewohnheiten hinausgeht und uns ungeahnte Zusammenhänge erkennen läßt.
Auf der Uni habe ich mal ein Seminar über Symbole und Ritualtheorie gemacht. Dabei war ein Punkt sehr interessant. Nämlich der, was ist, wenn ein Ritual durchgezogen wird, obwohl der dazugehörige religiöse Glaube schon lange "tot" ist. Als Beispiel hatten wir ein christliches Begräbnis, bei dem die meisten Menschen die teilnehmen gar nicht an Gott glauben oder eben nicht Christen sind. Ist es dann nicht sinnlos das Ritual durchzuziehen? Nein, weil das Ritual trotzdem wirkt - auch wenn die Leute dem Glauben der dazugehört gar nicht mehr angehören. Ich kann jetzt nicht sagen, welche EthnologInnen das erforscht haben, aber für mich heisst es einfach dass in vielen Ritualen eben Techniken vorkommen, die ganz unabhängig davon wirken, ob die Leute an was glauben und wie dieser Glaube aussieht. Bei dem Begräbnis wäre das zb das Erleben von Gemeinschaft, der Trost den diese birgt, und das rituelle Abschliessen mit der Tatsache dass die Person, die gestorben ist, jetzt weg ist. Dazu gibt's Techniken wie gemeinsames Einstimmen auf die Person (während zb der Priester 'ne Rede hält die den Verstorbenen besingt) und dann das versenken des Sargs in die Erde und manchmal wirft man noch was mit ins Grab rein, ne Blume oder eine Schaufel Erde.
Ich glaube ich bin vom Thema abgekommen. Gut, also Hexenhandwerk - ich hoffe ihr seid bis hierhin damit einverstanden dass die Techniken selber unabhängig sind von Kultur oder Religion. Hexen färben diese dann halt "hexisch" ein. Wie das genau aussieht, hängt wieder davon ab was sich bei modernen Hexen alles so eingebürgert hat. Da die Gruppe der modernen Hexen sehr vielfältig und auch ziemlich wischi-waschi ist, hat sich so allerhand eingebürgert, was "uns" Hexen kaum noch vom grauenvollen Klischee des Esoterikers unterscheidet, der, weil's "cool" ist, alles, was nur grad in Mode kommt, sofort übernimmt. Zum Beispiel benutzen viele dann das System von Chakren, so 'ne Art Kraftzentren im menschlichen Körper, das Ganze kommt aus Indien, oder nehmen keltische Götternamen und bauen diese in ein Kreisritual á la Golden-Dawn-Ritualmagie ein, usw. Andere kochen mit "Engel-Essenzen" und so weiter.
Damit will ich jetzt nicht sagen, dass das Chakra-System schlecht wäre. Es ist nur so, dass es keine allgemeine Hexentradition gibt, wo man Dinge "so und nicht anders" macht. Es gibt zwar Hexenkulte, die schon Zeug weitergeben, aber das sind halt dann spezielle Richtungen und die sind nicht repräsentativ für die Allgemeinheit der Hexen. Deswegen kann ich an dieser Stelle auch nur sagen, was an magischen Techniken oder am Handwerk allgemein jetzt hexisch ist, hängt sehr stark mit der Praxis der jeweiligen Hexe zusammen und ist recht schwer vorherzusagen ;-)
Da sich das jetzt stark mit dem Thema "Kult" überschneidet, gehts auch dort weiter:
Hexenkult